Dr. Obermüller schreibt zur aktuellen Position von Banken in der Insolvenz
Unser Partner Dr. Martin Obermüller beleuchtet in der 47. Ausgabe der diesjährigen ZInsO in Zusammenarbeit mit Dr. Manfred Obermüller aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung zur Position von Banken in der Insolvenz ihres Kunden.
Spektakuläre Entscheidungen sind in den letzten zwei Jahren ausgeblieben. Wieder einmal gibt es allerdings in verschiedenen Bereichen kleinere Ergänzungen und Korrekturen zu beachten.
Im Bereich der Kontoführung und des Zahlungsverkehrs stellt der BGH im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass Warnpflichten erst bei massiven Verdachtsmomenten entstehen. Aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs wird deutlich, dass eine Kontenleihe zur Umgehung von Pfändungen Insolvenzanfechtungsrisiken im Rahmen des § 133 InsO ausgesetzt ist.
Die Rechtsprechung bezüglich des Kreditgeschäfts hat mehrere Verfeinerungen erfahren. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die Befreiung eines Bürgen von seiner Bürgschaftsverbindlichkeit durch Zahlung des Schuldners grundsätzlich nicht anfechtbar ist, da die Einstandspflicht des Bürgen nicht Bestandteil des Schuldnervermögens sei. Das Landgericht Heidelberg stellt fest, dass Banken beim Vorliegen eines wichtigen Grundes zeitnah kündigen müssen und ansonsten die Unwirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung riskieren. Hinsichtlich einer durch die Bank selbst herbeigeführten Zahlungsunfähigkeit des Kunden urteilt das Landgericht Aachen, dass eine hierauf gestützte Kündigung treuwidrig ist. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird weiter die Wirksamkeit von Limitation Language – Klauseln auch in der Insolvenz der Garantie-Geberin bestätigt.
Auch im Bereich der Kreditsicherheiten sind in der Rechtsprechung der letzten zwei Jahre Konkretisierungen vorgenommen worden. Hinsichtlich der Frage nach Absonderungsrechten an Versicherungsleistungen für einen sicherungsübereigneten und untergegangenen Gegenstand fordert das LG Flensburg eine klare Individualisierbarkeit des Sicherungsguts. Das OLG Saarbrücken stellt klar, dass die Pfändung einer Eigentümergrundschuld auch vom Vollstreckungsverbot des § 89 InsO erfasst ist. Für Verwalter von Interesse ist zudem insbesondere das Urteil des Bundesfinanzhofs, nach dem Einkommenssteuerforderungen wegen Veräußerungsgewinnen aus Zwangsversteigerungen Masseverbindlichkeiten auslösen können, was im Einzelfall eine Vorabfreigabe sicherungsbelasteter Grundstücke nahelegen könnte.
Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs betrifft das Bankengeschäft im Leasing & Factoring. Der BGH stellt fest, dass Miet- bzw. Leasingzahlungen nach wirksamer Kündigung ein Bargeschäft darstellen können. An anderer Stelle urteilt der BGH, dass im Factoring keine automatische Wissenszurechnung zu Lasten des Factors vorzunehmen ist, woraus sich eine höhere Hürde für Vorsatzanfechtungen ergibt.
Weitere Konkretisierungen sind hinsichtlich der Informationen über Insolvenzen erfolgt, etwa bezüglich der Akteneinsicht durch Aussonderungsberechtigte, der Auskunftsansprüche eines Zedenten gegenüber dem Insolvenzverwalter, sowie der Speicherung von Restschuldbefreiungen und Zahlungsstörungen erfolgt.
Es bleibt, festzuhalten, dass viele der aktuellen Entscheidungen auf den ersten Blick unspektakulär wirken mögen, sie jedoch im Detail sowohl für das Bankgeschäft als auch für die Praxis von Insolvenzverwaltern viele wichtige Konkretisierungen und Abgrenzungen vornehmen.
ZInsO, 47. Ausgabe, 20.November 2025, S. 2429 – 2440

